Codename Caesar ist die Geschichte eines Fotografen der syrischen Militärpolizei, der über Jahre Verbrechen des Regimes von Bashar Al-Assad dokumentierte und die Beweise mit Hilfe syrischer Aktivisten außer Landes schaffen konnte. Neben Caesar berichten außerdem weitere Zeugen von erlebten Grausamkeiten. Diese Berichte sind so eindringlich, dass das Grauen, das diese Menschen durchlebt haben, fassbar wird. Dabei verzichtet die Autorin Garance Le Caisne darauf, zu detailliert die sadistischen Foltermethoden der Schergen des Regimes zu beschreiben. Wahrscheinlich tut sie dies nicht nur, um den Leser nicht zu sehr zu erschüttern, sondern auch um den Kampf der Aktivisten auf der einen Seite und die Untätigkeit der Weltgemeinschaft auf der anderen Seite mehr in den Fokus zu rücken. Und genau mit dieser unerträglichen Untätigkeit werden nicht nur die Aktivisten, die seit Jahren ihr Leben aufs Spiel setzen, verraten. Es ist auch ein Verrat an unseren eigenen Werten und an das Versprechen, so etwas nie wieder zuzulassen.
Denn unweigerlich zwingt sich die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis auf. Und auch wenn ein Vergleich angemessen ist, so bestehen doch Parallelen. Zu diesen Parallelen gehören nicht nur die Systematik der Folter mit dem Ziel Menschen zu vernichten, sondern auch die Grausamkeit der Methoden, die Verachtung gegenüber den Familien der Gefangenen, die Schändung und Entsorgung der Leichen, das Einbeziehen von Krankenpflegern und Ärzten in den Vernichtungsprozess und nicht zuletzt die peinlich genaue, fast schon detailverliebte Aufzeichnung dieser Verbrechen in unzähligen Dokumenten.
Cameron Hudson, Direktor des Zentrums zur Verhinderung von Völkermorden am Holocaust-Museum in Washington sagt dazu im Buch:
„Die Fotos der Leichen, die Tötungsmethoden, die Dokumentation, das System der Buchführung und Archivierung, Nummern, all das erinnert ganz eindeutig an den Holocaust. Ich möchte keine Vergleiche ziehen, selbst wenn das einen Grad der Organisiertheit erkennen lässt, den man nur von Genoziden und einer Politik kennt, die willens ist einen Teil der Bevölkerung auszulöschen.“
Einige Leser werden sich die Frage über die Glaubwürdigkeit der Zeugen stellen. Vor allem da sich diese als Gegner des Regimes ausgeben und von dessen Opposition gestützt werden. Aus eigener Erfahrung kann ich dazu nur sagen, dass die meisten Syrer solche Horrorgeschichten kennen und von solchen Verbrechen berichten können. Die Angst vor den Geheimdiensten und deren Folterkerker verfolgt viele sogar bis in das europäische Exil.
Doch soll der Leser sich nicht allein auf solche Zeugenaussagen verlassen müssen und so kommen Experten zu Wort, die die Authentizität der Bilder bestätigen:
„Wie oft habe ich bei meiner Arbeit in Ruanda, in Sierra Leone grauenhafte Zeugenaussagen gehört, für die wir keine Beweise hatten. Aber die Fotos von Caesar… ich habe niemals so schlagende Beweise für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesehen“ Stephen Rapp, einstige Ankläger der internationalen Sondertribunale für Ruanda und Sierra Leone
Hartgesottene können sich auch auf der Seite der „Syrian Association For Missing And Conscience Detainees“ informieren. (Ich werde diese unten verlinken, warne jedoch gleichzeitig vor deren grausamen Inhalt 1).
Codename Caesar ist nicht nur die Beschreibung der syrischen Todesmaschinerie, es ist gleichzeitig auch ein schonungsloses Zeugnis des Versagens der Weltgemeinschaft. Ein Versagen, das die Menschen, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben und dies noch immer tun, verzweifeln lässt.
„…die Fotos wurden vor der Europäischen Union, vor dem Kongress in Washington, vor dem UNO-Menschenrechtsrat gezeigt. Aber die Politiker wollen zur Tagesordnung übergehen und Verhandlungen mit Baschar al-Assad aufnehmen. Wie konnte es so weit kommen?“ Ein Aktivist aus der Gruppe um den Fotografen Caesar.
Was löst dies in den Köpfen der Menschen aus, die unter diesen Verbrechen leiden mussten oder die dabei ihre Angehörigen verloren haben? Die Konsequenzen könnten verheerend.
„Diese Bilder sind wie ein Nährboden für die Kämpfer des Islamischen Staates.“
„Und die Opfer können sich in Monstren verwandeln, wenn die Rechtsnormen außer Kraft gesetzt bleiben und die Unterscheidung von Gut und Böse nicht wiederhergestellt wird.“
Dieses Buch sollte zur Pflichtlektüre für alle Politiker werden, die mit dem Regime von Bashar Al-Assad liebäugeln und es für das kleinere Übel im Vergleich zu dem IS halten. Denn weder der eine noch die anderen sind eine Alternative für ein friedliches Syrien.
„Die Welt warf die wirklichen Revolutionären und die Dschihadisten in einen Topf und man vergaß den Staatsterrorismus, der am Ursprung des Ganzen stand und weiterging.“ Hasan Schalabi, ein oppositioneller Syrer.
Ganz besonders empfehlen möchte ich dieses Buch im Übrigen denjenigen, die eine Rückkehr von Flüchtlingen aus Syrien befürworten und den Beamten und Richtern, die über den Verbleib Geflüchteter entscheiden müssen.
Codename Caesar ist ein Buch über wahre Helden, über das absolute Böse und über tödliche Gleichgültigkeit einer passiven Weltgemeinschaft. Es ist ein Buch, das unter die Haut geht
Codename Caesar Im Herzen der syrischen TodesmaschinerieGarance Le Caisne2. Auflage 2016 Originalausgabe erschien 2015 auf Französisch unter dem Titel: Opération César: Au cœur de la machine de mort syrienne. ISBN 978-3-406-69211-6 Preis: €17,95 http://www.chbeck.de/le-caisne-codename-caesar/product/16128742Ich erhielt vom C.H.BECK Verlag ein kostenloses Rezensionsexemplar |
[sta_anchor id=“safmcd“ class=“safmcd“ /](1) Ich möchte an dieser stelle noch mal ausdrücklich vor den Inhalten dieser Seite warnen. Sie dient Familien dazu nach ihren verschollenen Angehörigen zu suchen und enthält sehr grausame Bilder: http://safmcd.com/martyr/confirm