Tag 23: Dornach / Neuanfang

Samstag, der 28.11.2015.

Ich habe lange überlegt, ob ich für den 28.11 überhaupt einen Tagebucheintrag schreiben soll, denn an diesem Tag waren fast keine Flüchtlinge in der Unterkunft. Da ich keine Unterhaltungen geführt habe, kann ich heute keine Schicksale mit euch teilen. Ich habe mich schließlich dennoch entschieden, einen kurzen Eintrag zu schreiben, da dieser Tag einen tiefen Einblick in unser Helferleben und unsere Motivation ermöglicht.

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„Dornach wird geschlossen!“, so hieß es noch am Anfang der Woche. Eine Entscheidung, die für uns Helfer unerklärlich und traurig war. Vor allem, weil unsere Unterkunft – ein altes Bürogebäude – einige Möglichkeiten bietet, von denen in anderen Einrichtungen nur geträumt werden kann: Viele Einzelzimmer in verschiedenen Größen, Duschen, Toiletten in ausreichender Menge. Sogar eine alte Kantine als geeigneter Essensbereich ist vorhanden und die Unterkunft ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aus München erreichbar. Jedoch stand es wohl fest: „Dornach wird geschlossen!“

Bereits bevor uns diese Botschaft erreicht hat, wurde für den 28.11. eine Weihnachtsfeier für die Helfer geplant. Diese Feier sollte nun gleichzeitig eine Abschiedsfeier werden. Doch dann kam es ganz anders: Aufgrund von Kapazitätsmangel kam die Info, dass aus unserer Notunterkunft in Dornach eine Überbrückungsunterkunft werden soll. Unsere Weihnachtsfeier wurde daher keine Abschiedsfeier mehr, sondern ein fröhlicher Neuanfang.

Es war ein schöner Abend, an dem alle nochmal zusammentrafen und miteinander feierten. Anwesend waren die ehrenamtlichen Helfer, die aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten kommen. Sie haben von Beginn an eine wunderbare Arbeit geleistet. Außerdem waren die Johanniter und deren Sanitäter vor Ort. Sie kümmern sich um die Organisation und das Wohl der Flüchtlinge. Die Soldaten der Bundeswehr waren auch da, die freundlich und freundschaftlich nicht nur die Logistik im Hause stemmen, sondern auch anpacken, wenn es woanders nötig ist. Ebenfalls anwesend waren die Security-Mitarbeiter, die nicht nur für Ordnung sorgen, sondern auch mal als Dolmetscher einspringen. Und nicht zuletzt war noch eine Flüchtlingsfamilie mit ihrem kleinen Baby an der Weihnachtsfeier beteiligt. An diesem Abend waren sie keine Flüchtlinge mehr, sondern Freunde. All diese Menschen waren in Dornach und haben miteinander gefeiert.

Und ich feiere sie, ich feiere ihre Menschlichkeit.

Doch bevor ich noch sentimental werde, möchte ich euch hier das Lied präsentieren, das einige kreative Köpfe vor der Feier komponiert haben. Wir haben es alle miteinander gesungen:

Winterabend über Griechenland
Schon seit Wochen an Europas Strand.
Bei jedem Bus, der vorüber fuhr, hoben wir die Daumen.

Auf einem Schlauchboot, kam ein Schlepper daher
Und er sagte: Gebt mir Geeeld jetzt her!
Doch wir weinten
sagten: wir haben nix mehr und wollen weiter

Ein Bett in Dornach
das ist immer frei.
Denn es ist Winter
Und was ist denn dabei
Regugees singen, wir haben nichts dabei
Drum lasst uns rein hier. Mmmmmmh

Ein Bett in Dornach zwischen Sanis und Heer.
Und die Helfer freuen sich sehr.
Ein Bett in Dornach und nicht irgendwo, so alleine. Mmmmmh

Etwas später kamen die Busse daher.
Und so wurden die Helfer immer mehr.
Durch die Dolmetscher, haben sie erzählt
von ihrem Leben.

Die Security rief, es ist höchste Zeit,
schon ist es dunkel und euer Weg ist noch weit.
Doch alle lachten und riefen froh,
wir wollen bleiben!

Ein Bett in Dornach
das ist immer frei.
Denn es ist Winter
Und was ist schon dabei
Regugees singen, wir kriegen Fisch und Chai
Drum lasst uns bleiben. Mmmmmmh

Ein Bett in Dornach zwischen Sanis und Heer.
Und die Helfer freuen sich immer mehr.
Ein Bett in Dornach und nicht irgendwo, so alleine. Mmmmmh

Na na na na

Ein Bett in Dornach, das ist nicht mehr frei.
Denn der Regierung, ist es einerlei.
Die Helfer brüllen, gebt uns Haus Nummer 2!
So könn‘ wir bleiben. Mmmmmh

Ein Bett in Dornach zwischen Sanis uns Heer.
Und alle Helfer freu’n sich immer mehr.
Ein Bett in Dornach und nicht irgendwo, so alleine. Mmmmmh

Hier das Video dazu. Es ist zwar nur ein Teil, aber es spiegelt die Stimmung wieder, die an diesem Abend herrschte.

Nachtrag:

Am 05.12.2015 hat mir Aeham Ahmad eine kleine Antwort auf das Lied geschickt, mit dem Versprechen irgendwann ein kleines Konzert in Dornach zu organisieren, wenn er mal wieder in München ist.

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